Personalia: Rainer Becker

Der nachfolgende Artikel ist eher ein kleiner Auszug aus Rainers Anekdotensammlung gemischt mit ein bisschen Historie zur deutschsprachigen FoxPro User Group statt einer üblichen Personenvorstellung. Hoffentlich gefällt es Euch trotzdem...


Im zweiten Anlauf...

Meine erste Begegnung mit einem Computer oder was man damals mal so nannte, gestaltete sich eher enttäuschend. Es gelang zwar, ein Auswertungsprogramm für Gaschromatographen im Rahmen eines Chemie-Leistungskurses zu schreiben, aber die Ausgabe ausschliesslich über einen Thermodrucker war einfach zu schrecklich. So war ich der Ansteckung mit dem Computervirus vorläufig entkommen, doch Jahre später geschah es dann doch...

Es war einmal im Jahre 1985 da wohnte ein angehender BWL-Student in seiner ersten preiswerten „Bude“ in Frankfurt wohnte und sich aus Neugier einen Atari-ST-Computer kaufte. Diese Anschaffung überstieg, wie man als BWLer vielleicht vorher hätte vermuten können, das bis dato gesponserte Monatsbudget bei weitem, so dass zum nächsten Ersten eine ernsthafte Verknappung studentischer Grundnahrungsmitteln (Tabak, Pizza, Bier usw.) eintrat.

Operating

Zwecks Beseitigung dieses Notstandes kam es zum spontanen Betreten einer Zeitarbeits-Filiale und der Fragestellung „Haben Sie was mit Computern“. Die überraschende Antwort lautete „Sie können mit Computern, das ist ja prima! Wir vermitteln sowas zwar leider nicht, aber wir haben einen Kunden, der sowas dringend sucht.

Gehen Sie an <Adresse> und sagen Sie, Sie kämen von <grosse Zeitarbeitsfirma>. Danke-Tschuess“. Gesagt, getan. Die Adresse stellt sich als eine Auslandsbank heraus, die dringend einen Operator benötigte. Da ich der Begrüssung „Sie sind der Mann von Manpower, sind Fünfzig Mark die Stunde in Ordnung?“ nicht schnell genug widersprach, hatte ich den Job und stand vor einer Reihe ziemlich hässlich geformter Kühlschränke.

Meine Qualifikation bewies ich sofort durch die erfolgreiche Unterscheidung von „Klimaanlage, Hammberbankdrucker, Hauptrechner“ sowie geschicktes Blättern in einer Vielzahl von querreferenzierten Nachrichtenhandbüchern a la „Nachricht 3712, Option 1 => siehe Nachricht 4812, Band 3, Option x; Option 2 => siehe Nachricht... ; Option 3 => siehe Nachricht...“.

Das erste Programm...

Da das Operating in der Nachtschicht stattfand, passte dies prima zu der ohnehin eher nachtaktiven Veranlagung des erwähnten Studenten, wenn auch nicht unbedingt zu den Vorlesungsbeginnzeiten. Glücklicherweise war das nächste Semester für ein Praktikum vorgesehen, welches bei der Frankfurter Niederlassung einer bekannten Kölner Versicherung angetreten wurde.

Ansatz dieses Vertriebswegs war der Verkauf einer sogenannten Computerversorgungsanalyse für einen Unkostenbeitrag von DM 30,- und dem Begleitspruch „und wenn ich Ihnen nicht mindestens DM 30,- Ersparnismöglichkeiten nachweisen kann, erhalten Sie Ihr Geld zurück“. Im Vergleich zu anderen „grauen“ Vertriebsorganisationen nachgerade seriös – und vor allen Dingen computertechnisch faszinierend. Die Qualität des Ausdrucks (Thermodruck, Endlos) als auch des Inhalts wurde allerdings auf Anhieb als verbesserungswürdig empfunden.

Demzufolge konnte nur eine DM-20-Krankentagegeldversicherung mit vereinfachter Gesundheitsprüfung für einen Jahresbeitrag von DM 20,- an einen Rückengeschädigten verkauft werden (nach 6 Monaten wurde er berufsunfähig und wurde nach 2 Jahren „ausgesteuert“ – immerhin ein Gewinnfaktor von 730). Stattdessen wurde in der verbleibenden Zeit (zwischen Praktikum und Operating) eine eigene Auswertung programmiert.

Wie nicht nur bei Erstprojekten üblich, wurde weder Budget noch Zeitplan eingehalten - doch schlussendlich konnte man mit höchstens 10-maligem Diskettenwechsel die „Finanzanalyse“ durchführen. Durch Anschaffung eines Farbdruckers und einer Festplatte konnte Druckqualität und Verarbeitungsgeschwindigkeit drastisch gesteigert werden und auf feinperforiertem Endlospapier sah es dann endlich um ein Vielfaches besser aus als das bisherige Produkt. Nur leider hatte die Versicherung an dem fertigen Produkt keinerlei Interesse bzw. es fehlte an der für jedwedes Softwareprojekt notwendige Unterstützung durch die Geschäftsleitung.

Jahre später ergab sich dann die Erkenntnis, dass der Geschäftsführer einer der Versicherung angeschlossenen Bausparkasse gleichzeitig Gesellschafter des Rechenzentrums war, welches die vorgenannte Finanzanalyse im Auftrag erstellte.

Firmengründung

Glücklicherweise interessierte sich ein angeschlossener Makler für die verbesserte Auswertung, da er sich davon erhöhte Vertriebserfolge versprach. Dies führte 1986 zur Firmengründung. Firmengrundlage war ausser einer Pauschalbestellung für Auswertungen sowie dem Operating die Programmierung von Anwendungen für einen Verlag in Düsseldorf. Es wurde eine Serie mit den Modulen Kundenverwaltung, Fakturierung/Lagerverwaltung, Finanzbuchhaltung sowie einem Desktop-Manager erstellt.

Weitere Module wie Textverarbeitung und Lohn/Gehalt wurden leider nicht in den Vertrieb gegeben. Die Mannschaft vergrösserte sich schrittweise und das Studium geriet dazwischen irgendwie aus dem Sichtfeld. Nebenbei wurde ca. 1 Atari-ST-Computer pro Woche verkauft, woraus sich gelegentlich kleinere Softwareprojekte ergaben, wie z.B. eine umfangreiche Anwendung für einen Brötchenservice.

Aus den Anwenderkontakten ergab sich dann eine Art kleine Usergroup mit Vorträgen und Diskussionen auf monatlichen Treffen. Die Treffen arteten aber leider immer mehr zu Disketten-Kopier-Orgien aus, worüber sich unser Hardware-Lieferant beschwerte. Aus einer Ahnung heraus verkündete ich deshalb die Auflösung der Gruppe – was sich auf dem nächsten Treffen umgehend bewährte, auf welchem die mitgebrachte Hardware und Stapel von Disketten aufgrund einer Anzeige beschlagnahmt wurden.

Teleprompter

Neben den kleineren Projekten und kaufmännischen Anwendungen wurde mit Volker Stamme auch ein Teleprompter auf Atari-Systemen für einen Petrol-Konzern erstellt. Für eine Marketingveranstaltung wurde damit der Vorstand trainiert, denn an den Vortrag gekoppelt sollten diverse Mediensysteme (Dia, Laser, Video, Spots, Kameras usw.) gesteuert werden.

Im Rahmen des Projektes war die persönliche Auslieferung von einem Dutzend Massanzügen an den im Grossraum Hamburg verteilt wohnenden Vorstand der Gesellschaft notwendig, da auf der Veranstaltung alle gleichgekleidet auftreten sollten.

Folglich flog ich mit einem Riesenkoffer voller Massanzugsjacken von Frankfurt nach Hamburg und charterte ein Taxi zum Tagespauschalpreis – die resultierende Stadtrundfaht war durchaus auch für mich als eigentlich geborenem Hamburger interessant.

Schwierig wurde es nur beim Weiterflug von Hamburg nach Berlin mit einem riesengrossen bis auf Rasierer und Zahnbürste völlig leeren Koffer. Kurz nach dem Lockerbie-Attentat wollte die amerikanische Fluggesellschaft das erst nach 3-fachem Röntgen des leeren Koffers sowie der Vorlage von Taxiquittung und Empfängerliste akzeptieren.

Leider wurde unser Auftraggeber, Chef einer kleinen Werbeagentur, auf der Generalprobe hysterisch. Volker bediente darauf hin statt mir den Teleprompter und ich durfte (da ich als einzig verbliebener aufgrund der Vortragstrainings alle Skripte kannte) die Regie der Veranstaltung übernehmen. Nach subjektiv nur wenigen Minuten hektischer Anweisungen an alle Beteiligten über Funkkopfhörer war es auch schon vorbei.

Da er nicht benötigt wurde, war zwischenzeitlich der Werbemensch abgereist – mitsamt der Vorfinanzierung der Honorare seiner Bank und dem Gesamthonorar aller Beteiligten selbst. Den Titel haben Volker und ich übrigens noch bis 2020 – falls also jemand irgendetwas von einer Firma L.O.B. (Lindner, Oswald, Brand oHG) oder einem Hermann Brand gehört haben sollte, wären wir sehr interessiert. Letzter bekannter Aufenthaltsort/Tätigkeit war „Unternehmensberatung in den neuen Bundesländern“...

Virus Construction Set

Publizistischer Höhepunkt in dieser Zeit war das „Virus Construction Set“. Zu einem Sylvester ergab sich in leicht angeheitertem Zustand eine Wette über DM 400,- über die Erstellung eines Programmgenerators für Computerviren. Das war alles sehr witzig, bis 3 Monate später ein 16jähriger Entwickler das definierte und wirklich funktionsfähige Produkt ablieferte und sein Honorar einforderte – auch wenn seine Eltern verbaten, seinen Namen jemals zu erwähnen.

Da das Produkt nuneinmal da war, wurde ein Comic-Zeichner mit der Erstellung von Ilustrationen dazu beauftragt und ein schönes Handbuch erstellt unter dem Label „Nightmare Software“. Dieses „Produkt“ wurde in limitierter Auflage von 100 Exemplaren ausschliesslich an Journalisten gegen Vorlage des Personalausweises (kam als Signatur in die generierten Viren) weitergegeben zwecks eigener Experimente und Erfahrungen mit Computerviren.

Es zeigte sich, dass Anwender gegen jegliche Art von Sicherheitsabfragen völlig resistent sind. Besonders beliebt war die Reihenfolge „Wollen Sie wirklich den Effekt ZERO FAT?“, „Wollen Sie wirklich den Effekt beim ersten Virus-Start ausführen?“, „Haben Sie alle Ihre Daten gesichert?“, „Wollen Sie den Virus ZERO FAT AT FIRST START ausführen?“ und dann der hysterische Telefonanruf „Meine Daten sind alle weg!!!“. Dies handelte uns eine Schwemme netter Artikel von bekannten als auch von Zeitungen ein, von denen ich vorher nicht mal wusste, dass es sie gab (von ostfrisisch bis alpenländisch).

Frühstücksfernsehen

Meine persönliche Lieblingsanekdote betrifft den Auftritt mit diesem Produkt im SAT1 Frühstücksfernsehen. Leicht übermüdet vom frühen Flug begab sich folgendes: Unter Ignorieren einer komischen roten Lampe betrat ich das Studio und wurde sofort am Kragen gepackt und nach hinten gerissen - die gerade aktive Kamera stand leider direkt links hinter der Studiotür und filmte an der Tür vorbei.

Als dann auch noch mit einer Armbrust quer durchs Studio auf ein sogenanntes „Glücksrad“ geschossen wurde, setzte ich mich lieber in eine Ecke an einen Tisch und rauchte mir erst mal eine. Leider zog der Rauch zur Nachrichtensprecherin, worauf man mich mit heftigem aber lautlosen Winken aufmerksam machte. Schon wieder peinlich bewunken wurde ich, als an meinem Tisch auch noch ein Telefon anfing, laut zu klingeln. Ich ging lieber in die Küche und schaute in den Kühlschrank – und durfte erstmal mindestens eine Hunderschaft Hotelmarmeladenpäckchen wieder einstapeln.

Ein Raum weiter wurde ich mit „da sind Sie ja endlich“ begrüsst und eingepudert. Zurück im Studio entnahm ich wilden Handzeichen, dass ich nach dem gerade hantierenden Frühstückskoch drankäme. Auf „Drei, Zwei, Eins“ ging es auch schon los – bewundernswert der flüssige Bewegungsablauf der Ansagerinnen mit „Drei-Runterschlucken, Zwei-Frühstückskoch-Teller-unter-die-Couch-schieben, Eins-Lächeln und Ansagen“. Durch die vorigen Vorfälle hinreichend trainiert, liess ich mich bei der Vorführung weder von dem Herrn knapp ausserhalb des Kamerafeldes ablenken, der mit einem Besenstiel die abblätternde Wetterkarte verzweifelt oben hielt, noch von der Fehlschaltung des Beleuchters (Taste „Studioverdunkelung“) und dem anschliessenden völlig lautlosen Veitztanz des Studioleiters beeindrucken, sondern kam mit meinem Beitrag bis auf eine Fehlbedienung leidlich seriös über die Runde.

Der nachfolgende Beitrag über multiple Orgasmen interessierte mich dann weniger und Rückfragen zu meinem Auftritt konnte ich auch nicht loswerden, da Blackie Fuchsberger das Studio betreten hatte und die Aufmerksamkeit aller auf sich zog. Als es auch noch schrecklich anfing, nach brennendem Plastik zu stinken, ergriff ich die Flucht – ich hatte doch glatt unsere schöne Softwareverpackung auf den offensichtlich noch glühenden Herd des Frühstückskochs gestellt. Wie anfänglich erwähnt, sind einstellige Uhrzeiten einfach nichts für mich.

Schön war auch eine Veranstaltung einer Computerusergroup in Heidelberg mit ca. 200 Teilnehmern zum VCS – der Einladung beigelegt war ein Angebot über Polizeischutz. Das Diskussionsboard bestand aus diversen Vertretern von Fachzeitschriften – auf der anderen Seite sass nur ich. Nachdem der Nachweis von 65 Codierfehlern in 50 Zeilen abgedrucktem Quellcode eines Anti-VCS-Virusprogrammes nachgewiesen werden konnte (obwohl von uns ein Freeware-Filter verteilt worden war) konnte ich mit „Standing Ovations“ den Veranstaltungssaal unbehelligt und durchaus erleichtert verlassen.

Kleinere Produkte

Ein naheliegendes Nebenprodukt dieser Phase war das Virus Filter Set sowie ein in das Betriebssystem integriertes Datenbanksystem (ähnlich BTRIEVE von Novell) – beides wurde in Zusammenarbeit mit Norbert Abb erstellt. Legendär war damals sein wuchernder Bart als auch seine lauthalse Flucherei, wenn mal wieder etwas nicht so funktionierte, wie es dass seines Erachtens tun sollte. Besonders schön an der Datenbank waren die realisierten Pre-Images von Datensätzen, Transaktionen, Verschlüsselung und ein mitlaufendes Log, aus dem man den Datenbankzustand zu jedem beliebigen Zeitpunkt wieder herstellen konnte. Auf dem gleichen Mechanismus der Betriebssystemerweiterung wurde ausserdem von Volker Stamme eine Funktionssammlung erstellt mit u.a. mathematischen Bibliotheken in Assembler für wirklich schnelle BCD-Berechnungen mit Genauigkeit im Trilliarden-Bereich. All diese schönen Features wollten wir schon immer mal unter Visual FoxPro bereitstellen, aber irgendwie kam es nie dazu.

Auftraggeber

Insgesamt lief das eigentlich alles leidlich gut bis zum Jahreswechsel 1988/89. Da ging dann der Makler pleite und der Lektor des Verlages (dem zuvor der Quellcode ausgehändigt worden war) verkaufte seine eigene Windows-Version der bisher vertriebenen Module an den Verlag. Da ein Wirtschaftsprüfer bei dem Verlag ausserdem 135% nicht Produkten zuordnenbare Nebenkosten feststellte und gleich selbst die Geschäftsführung übernahm, wurde die Atari-ST-Serie nicht weitergeführt.

Ich wusste vorher auch nicht, dass Einschweissen einer Verpackung 20 Pfennig kosten kann und dass Handbuchautoren mehr Honorar als die Softwareautoren erhalten <g>. Dadurch entfielen sowohl der Folgeauftrag für die kfm. Anwendungen im Bereich DOS/Windows (die Firma des Lektors gibt es übrigens heute noch) als auch die regelmässige Abnahme von Finanzanalysen. Als auch noch Atari seine neue Werbekampagne mit dem entsetzlichen Motto startete „Lass krachen, Drachen“ wurden die Aussichten für den Vertrieb eigener kfm. Anwendungen nicht unbedingt besser.

Auch eine Software für ein Gehörlosentelefon, von einem gehörlosen Mitarbeiter erstellt, wurde nicht als echter Umsatzbringer betrachtet. Da der bisherige Partner in der Firma nach Ableistung des Zivildienstes und Nachholung des Abiturs verkündete, jetzt wolle er noch kurz Studieren, bevor er dann richtig mit anpacken könne, kam es zu einer spontanen Personalverkürzung. Letzlich hiess es zurück zum Start und 3 Jahre Pause für den Wiederaufbau...

Zurück zum Start: Operating

In der Rekonvaleszenzphase lebte ich wieder von Operating für diverse Auslandsbanken wie schon zuvor. Besonderer Höhepunkt war dabei ein Jahresabschlusslauf, wo mein Hinweis „Das sei jetzt aber keine so gute Idee, da sind schon Risse in der Wand“ leider im Presslufthammerlärm unterging, als direkt unter dem EDV-Raum eine tragende Wand rausgerissen wurde. Kurz darauf durfte ich dann meinen ersten bis dato nur theoretisch bekannten HeadCrash eines Festplattenstapels mit anhören und die wirklich sehr schön fein zerkleinerten Überreste entsorgen.

Leider ging der Griff in das Sicherungsregal ins Leere und der Bank-Operator machte sich mit der stolzen Mitteilung „Die habe ich vorhin extra alle für Dich formatiert“ wirklich unbeliebt. Wirklich spassig wurde die Steigerungsform „Die habe ich wohl auch formatiert“, als wir nach langer Suche mit dem Geschäftsführer im Sicherungssafe bei der Nachbarbank in einem Riesenstapel von Bändern frustiert auf dem kalten Boden sassen und auch die Sicherung des Monatsabschlusses nicht zu finden war.

Es folgten viele Tage Früh-, Spät- und Nachtschicht und nachdem alles nachgebucht und auf dem aktuellen Stand war, gab es ausser einer ungläubigen Rückfrage eines Mitarbeiters „wieso machen Sie denn mehr als 8 Stunden am Tag“ noch ein Schulterklopfen eines anderen Geschäftsführers mit den Worten „wie sehen Sie denn aus, wohl wenig geschlafen heute, legen Sie sich besser nochmal hin – wir hätten gerne ausgeruhte Mitarbeiter“ – soviel zum Thema Motivation.

Mal wieder Programmierung

Nebenbei wurden einige Modula-2-Programme zusammen mit Thomas Ganss für Auslandsbanken in Frankfurt erstellt. Ausserdem erfolgte jede Menge Programmierung unter dBASE III+ mit Zugriff auf IBM-Systeme a la /34 und /36 über PC-Anbindung zum Up- und Download von Daten sowie der Druckeransteuerung. Zum Beispiel ein Umsetzungsprogramm von ausländischer auf deutsche Bankbilanzen mit Umbuchungsprotokoll und die Verwaltung von Forward Rate Agreements mit Gap-Reporting. Nicht fertiggestellt wurde leider eine Lösung für die vollständige deutsche BISTA (Bilanzstatistik) zum Ausdruck von zwei Dutzend A3-Formularen für das wöchentliche und monatliche Reporting von Banken an das Aufsichtsamt für Kreditwesen. Ebenfalls misslang die Markteinführung eines eigenen Produktes zur DTA-Anbindung für Banken an die LZB. Stattdessen wurde die kampfpreisige Lösung eines Konkurrenten bei verschiedenen Banken eingeführt.

FoxPro/DOS

Ab 1991 kamen dann die ersten grösseren Programme unter FoxPro/DOS. Eines war ein Verwaltungsprogramm für Jupiter-Giganten-Säulen für das Museum in Heidelberg - ein Uni-Projekt von Anja Knoop. Ein anderes war ein Tool namens WordBASE für Microsoft – eine speicherresidente Adressverwaltung für Word/DOS.

Haupttätigkeit war für einen langen Zeitraum die Erstellung eines umfangreichen Verlagsverwaltungssystem unter FoxPro/DOS mit einer Vielzahl von Modulen für einen Amtsblattsverlag am Bodensee. Legendär war dabei mein damaliger Assistent mit Fragen wie „Ich habe mein Arbeitsverzeichnis von heute weisungsgemäss gelöscht – was war die andere Aufgabe nochmal? Wie? Das Verzeichnis vorher sichern?“ und dem Entkommen vor meiner Antwort nach zwei lauten Knallen aus der Küche mit dem Satz „Die Cola-Flaschen habe ich im Eisfach vergessen!“.

Interessant waren auch die vielen versehentlichen Abschaltungen des Novell-Servers – sei es durch die Putzfrau, der das Stromkabel beim Saugen im Weg war oder dem Elektriker, der mit den Worten „Ich pass schon auf!“ seine Handwerkskiste exakt so abstellte, dass der herausragende Griff den extra versenkten Stromschalter der USV erwischte. Den ehemals schlanken Student Rainer Becker erkannte mittlerweile kaum noch jemand wieder, da er in der Zwischenzeit beträchtlich zugelegt hatte – zumindest eine Teilschuld wird dabei der guten Küche am Bodensee gegeben.

ISYS GmbH und dFPUG

Das Jahr 1992 wurde in mehrerer Hinsicht zu einer Wende. Zum einen entfiel das Damoklesschwert der Einziehung zum Kriegsersatzdienst aufgrund spontaner amtsseitiger Ausmusterung („ohne Angabe von Gründen“) trotz Wunderheilung – diese Anekdote ist jetzt leider wirklich zu lang – und zum anderen kam es zur Gründung der ISYS Softwareentwicklungs- und Verlags-GmbH.

Was „ISYS“ heissen soll, ist übrigens bis heute noch nicht endgültig geklärt. Das klang sowohl nach „Informationssysteme“ oder „intelligente Systeme“ als auch nach einer ägyptischen Göttin und war darüberhinaus ähnlich dem Namen eines bekannten EDV-Verlages, so dass die Ausformulierung des Kürzels bis heute immer wieder vertagt wurde.

Der Teil Verlagsgesellschaft bezog sich auf die Planung einer deutschsprachigen kleinen Zeitschrift zum Thema FoxPro. Es folgte der erste Besuch auf einer FoxPro-Entwicklerkonferenz in Phönix, Arizona und der Besuch der ersten deutschen FoxPro-Konferenz in Frankfurt/Main. Der dortige Referent Gerhard Paulus sowie Jürgen Wondzinski planten ebenfalls eine Zeitschrift bzw. eine User-Group. Nach längerer Diskussion verblieben wir dahingehend, dass die ISYS GmbH die Zeitschrift macht und es kam zur Gründung der dFPUG, wohingegen wOOdy den Toolsvertrieb übernahm und netterweise die Antworten auf sein erstes Rundmailing zur Gründung einer User Group zur Verfügung stellte.

Mit Gerhard Paulus konnte man sich leider bezüglich des Redaktionsbudgets nicht einig werden, so dass Uschi Benedict den Bereich Newsletter-Gestaltung übernahm. Spannend wurde es dann in 1993 mit der Übernahme von Fox Software durch Microsoft und einer CeBIT mit einem wirklich heftig belagerten Vorführtisch der dFPUG zum neuen FoxPro/Windows. Die Mitgliederzahlen kletterten sprunghaft von 200 auf ca. 500 und die ersten Hefte wurden produziert.

Entwicklerkonferenzen

Im Folgejahr 1994 organisierte Microsoft die Datenbankkonferenz Berlin, kurz DBK. Unter dem Eindruck, dies ggf. grösser und mit breiterem Vortragsangebot organisieren zu können, folgte die erste Entwicklerkonferenz der dFPUG im Hotel Steigenberger am Flughafen Frankfurt. Die erste Konferenz war nur zwei Tage, aber ein voller Erfolg. Witzig war die Umbaumöglichkeit im Steigenberger mit der Zusammenlegung von vier Vortragsräumen zu einem Hauptraum für die Keynote. Eine Schnapsidee hingegen war natürlich mein Versuch, Vorträge von Calvin Hsia oder Ken Levy simultan zu übersetzen. Die Fortsetzung in 1995 mit 3 Tagen litt leider unter den Umbauarbeiten des Hotels, die ausgerechnet auf der Etage unserer Redner das Frühstück mit Presslufthammern beginnen mussten. Von Steven Black wurde daraufhin das Hotel in „Steigenscheisser“ umtitutliert und es war nicht mehr möglich, die für den Erfolg der Veranstaltung notwendigen amerikanischen Redner für diese Lokation zu begeistern. Mit dem Lindner Congress Hotel in Frankfurt/Höchst wurde dann der richtige Hotelpartner gefunden und die Zusammenarbeit machte richtig Spass.

Ausserdem wurde ich ein richtiger Fan von US-Konferenzen und besuchte mehrere Jahre lang immer gleich zwei Stück davon (95 US-DevCon San Diego/California, FoxTeach in Toronto; 96 US-DevCon Scottsdale/Arizona, Minneapolis DevCon; 97 US-DevCon San Diego/California, FoxTeach in Toronto). Nicht nur wegen der Vorträge und den Anregungen zur Konferenzorganisation, sondern auch wegen diverser Besprechungen und natürlich der Auswahl von Vorträgen und Ansprache entsprechender Redner für die deutsche Entwicklerkonferenz.

Verschiedene Projekte

In diesen Zeitraum fielen auch einige weitere Projekte. Eines war ein Verwaltungssystem für allgemeinbildende Schulen mit einer Vielzahl von Modulen für das Kultusministerium bzw. sämtliche Schulen von Rheinland-Pfalz. Einige der Resultate sind unter meiner Website schulsoftware.de zu betrachten, die aber mehr als Reminszenz denn als sinnvolle Anwendung zu betrachten ist. Ein Projekt im Staatsauftrag ist meist für eine Vielzahl herausragender Anekdoten gut.

Weitere Projekte waren die Übersetzung des FoxPro-Report-AddOns FoxFire, was dann aber an ProLib übergeben wurde, sowie Coaching für einen Pharma-Konzern in Ingelheim im Auftrag von Microsoft Consulting. In letzterem Fall war die Anwendung wirklich interessant – es ging um das Reporting von vielen Landesgesellschaften an die Konzernzentrale für eine Vielzahl von Bereichen. Schrittweise wurde weitere Automatisierung eingeführt, wie die automatische Weiterleitung von Berichten an die zuständigen Controller für die Freigabe. Besonders interessant war der Einsatz von „Oneways“, d.h. per Mail versandten und vor Ort automatisch 1x ablaufenden Programmen für Fehlerkorrektur und Anpassung der lokalen Anwendung, welches sehr effizient war.

Wizards & Builders GmbH

Im Jahr 1995 erfolgte dann die Gründung von Wizards & Builders Methodische Softwarentwicklung GmbH, unter anderem auch um das Projektgeschäft aus der ISYS GmbH zu verlagern. Diverse Gründungsarbeiten und Abstimmungen zwischen den Beteiligten blockierten einen nicht unerheblichen Teil der verfügbaren Zeit.

In 1996 erfolgte endlich ein erster Einstieg in die Internet-Programmierung. In nur 10 Tagen wurde eine Anwendung für die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (siehe entsprechende Fallstudie in der Loseblattsammlung) erstellt und die dFPUG-Internetklassenbibliotheken zusammengestellt. Diverse weitere Projekte wurden mit einer kleinen Gruppe hochmotivierter Mitarbeiter in vielen Nachtschichten abgewickelt – leider war das Abgabedatum schon vor Projektbeginn, sodass trotz hochmotiviertem Einsatz der angestellten Mitarbeiter zwar das Projektziel erreicht wurde aber natürlich nicht rechtzeitig.

1997 erfolgte dann der Umzug von Niederhöchstadt (Eschborn) nach Kronberg, der mehrere Monate den Geschäftsbetrieb völlig lahmlegte. Ausserdem kam es zum Austritt von Hartmut „Teddy“ Billewicz aus W&B GmbH, was ebenfalls mit kleineren Turbulenzen verbunden war.

In dieser Zeit versuchte Burkhard Stiller als neuer Geschäftsführer der DB-Soft AG, einem bekannten Anbieter kfm. Anwendungen unter FoxPro/Windows, die AG vor dem Konkurs zu retten. Es kam zu Aktienspekulationen und zu einer wirklich denkwürdigen Hauptversammlung, auf der Thomas Ganss und ich mit jeweils noch 1 Aktie interessiert zuschauten, wie hochfliegende Spekulationshoffnungen eines Maklers zerplatzen. Denkwürdig ist natürlich auch, für alle die es mitbekommen haben, die diesbezügliche Diskussion im dFPUG-Forum von Hans Beyhs.

Nachdem wOOdy immer die Roadshows für Microsoft machte, übernahm ich in 1997 zumindest einen Teil der VFP-Vorführungen auf den Microsoft DevDays (Düsseldorf, München, Zürich, Dortmund) sowie einen VFP-Vortrag auf der Microsoft SQL-Week in Wiesbaden.

Konkurrenz

Im Jahr 1998 kam es dann aufgrund der kritisierten Unregelmäßigkeit bei den Lieferungen der dFPUG zu der Gründung einer Konkurrenzzeitschrift durch Markus Egger unter dem Titel „Software Developer“ . Mit Unterstützung der jeweiligen Microsoft –Landesgesellschaften und der dFPUG-Regionalleiter kam es zeitgleich auch zu Ausgründungen lokaler eigener Usergroups, der VISTA in Österreich und der FUGS in der Schweiz. Die Ausrichtung einer Konkurrenz-Konferenz in Wien unter dem Titel „Amadeus-Devcon“ musste mangels Teilnehmeranmeldungen abgesagt werden. Weder die Zeitschrift noch die VISTA kamen weit über das Jahr 1998 hinaus - doch von dem Kahlschlag hat sich die dFPUG in Österreich und der Schweiz leider bis heute nicht erholt, so dass nur jeweils 5% der Mitglieder derzeit noch aus Österreich bzw. der Schweiz kommen.

Zu dieser Zeit war ich mit vielen Kollegen in einem Grossprojekt in Köln involviert, was die Reaktionsmöglichkeiten reduzierte.

Kurze Statistik
Wo wir gerade bei Verteilungen sind, momentan ist die Mitgliederverteilung wie folgt:

PLZ Anteil
0 4,5 %
1 3,9 %
2 7,8 %
3 9,1 %
4 10,5 %
5 12,4 %
6 12,9 %
7 11,6 %
8 9,6 %
9 6,7 %
CH 5,2 %
A A 5,2 %

Trennungen

In 1999 kam es dann gleich zu mehreren Trennungen, die sich alle schrittweise angekündigt hatten, auch wenn ich es jeweils wohl nicht wahrhaben wollte. Das Ausbildungsverhältnis mit dem ersten und einzigen dFPUG-Azubi wurde vorzeitig beendet. Alf Borrmann verliess die Firma Wizards & Builders GmbH.

Es kam zur privaten Trennung von Uschi Benedict, die bis dahin die Seele der Usergroup und für so ungefähr alles zuständig gewesen war. Zudem beschloss ich, mich von ca. 2 Dutzend Kilogramm zuviel Lebendgewicht zu trennen, bevor noch jemand eine Zwangsschlachtung beantragt. Dies gelang mit einem Pulver als Starthilfe überraschend gut und ich entwickelte mich nebenbei zum Kalorienfachmann. Nur das Trennen von den Glimmstengeln wollte bis heute nicht so recht gelingen.

Neue Konzepte

Verabschiedet wurden auch alle bisherigen Ideen über die Führung der Usergroup. Spätestens nach einer Analyse der Zahlen von Gründung bis 1999 (siehe auch den separaten dFPUG-Rechenschaftsbericht mit Diskussion ebendieser Zahlen) wurde klar, dass nicht nur wegen den Unregelmässigkeiten und häufigen Beschwerden der Mitglieder dringend ein neues Konzept für die dFPUG benötigt wurde, sondern die Konstruktion auch wirtschaftlich nicht tragbar war bzw. einen zu grossen Teil meines eigenen Einkommens wegfrass. Deshalb wurden unter anderem folgende Ideen von mir gesammelt:

Umsetzung

Das Jahr 2000 war dann davon geprägt, all diese Ideen auch in die Tat umzusetzen. Tina Flieher-Ojen (siehe entsprechende Personalia) wurde die neue rechte Hand und Ansprechzentrale für die User Group.

Es begann die fleissige Produktion von Loseblattsammlungen auch wenn ein Versuch mit Hans Wagner als Redakteur abgebrochen wurde. Mathias Gronau sorgt seitdem für einen ständigen Zustrom von Übersetzungen. Das Produktionsverfahren für die Loseblattsammlung wurde schrittweise verbessert. Und Tina sorgte mit Hilfe einer neuerstellten Verwaltungssoftware (mit dem bezeichnenden internen Arbeitstitel „CashCow“ <g>) endlich dafür, dass nicht nur alle Rechnungen rechtzeitig verschickt, sondern auch der Zahlungseingang überwacht wurde.

Eine Vielzahl von ihr erstellter Mahnungen verkleinerten die Mitgliedschaft der User Group von ca. 1300 auf nur noch 900 dafür aber regelmässig zahlende Abonnenten – im Gegenzug reduzierte sich aber auch der Dauerverlust der dFPUG und es konnten erstmalig Schulden abgetragen werden.
Erstmalig realisiert wurde in 2000 auch die Trennung von Wohnung und Büro.

Bei den Renovierungsarbeiten der neuen Wohnung lernte ich Bernd Kampmann kennen, der sich sehr für die Welt der Computer interessierte. Im Folgejahr wurde er dann als Webmaster für die dFPUG eingestellt und begann mit dem Absolvieren eines umfangreichen Schulungsprogrammes sowie dem Umbau der dFPUG-Webseiten (siehe entsprechende Personalia). In der ersten Jahreshälfte 2002 trug dies erstmals Früchte in Form einer ersten vernünftigen Fassung des Webservers und einer wirklich umfangreichen Begleit-CD zur Loseblattsammlung. Vieles weitere Material steht natürlich noch zur Umsetzung an wie die Konferenzordner 1996 + 2001, die letzten Ausgaben von FoxX Professional und die Ausgaben des alten dFPUG-Newsletters FUCHS.

Vorläufiger Abschluss

Im aktuellen Jahr ist damit der Umbau der dFPUG betreffs Loseblattsammlung und Verwaltung als auch in Bezug auf die Internetdarstellung vorläufig abgeschlossen. Da auch mein Arbeitseinsatz aus Budgetgründen bei einem mehrjährigen Dauerprojekt mehr oder weniger beendet wurde, widme ich mich derzeit gleichzeitig der Entwicklung und Umsetzung von mehreren neuen Konzepten:

Dabei liegt mir die Suchmaschine auf der dFPUG-Website besonders am Herzen, da immer wieder an der Hotline und im Forum Rückfragen kommen, die sich durch einen einfachen Verweis auf eine anscheinend nicht gefundene Datei auf dem Webserver klären lassen.

Leider ist ein nicht unbeträchtlicher Teil des Jahres bereits mit wiederkehrenden Aufgaben für die User Group wie der Erstellung von vier Loseblattsammlungen a 200 Seiten, Konferenzprogramm mit Mailing an 15.000 Empfänger, umfangreicher Konferenzordner mit 800 Seiten und diversen Steuererklärungen sowie von Abwicklung der Konferenz, Pflege und Erweiterung des Webservers, Hotlinevertretung und notwendiger Fortbildung belegt.